Die Entstehung einer Zeichnung

1. Ideen-Entwicklung und Skizze

Am Anfang jeder Zeichnung steht eine Bildidee. Sie wird in einem kleinen, schwarzen Notizbuch festgehalten. Durch einen kurzen beschreibenden Text oder eine Miniatur-Skizze in wenigen Strichen. In diesem Büchlein wartet die Idee auf einen günstigen Zeitpunkt. Bis sie mit der Umsetzung an der Reihe ist.

2. Vorzeichnung mit Bleistift

Dann wird die Bildidee auf Papier skizziert. Dabei kommen normale Zeichenmittel zum Einsatz. Ein Blatt DIN-A4-Zeichenpapier mit glatter Oberfläche und solider Grammatur (ca. 180 g/m2). Ein Bleistift mit HB-Härtegrad. Und schon nimmt die Idee eine Form an. Bei manchen Motiven reichen Grundzüge wie Haltung, Umrisse, Gesten. Tierfell zum Beispiel wäre in einer Vorzeichnung sinnlose Fleißarbeit. Bei anderen Motiven ist die feine und detaillierte Bleistift-Vorzeichnung für das Gelingen der nächsten Arbeitsschritte essentiell. Die Augenpartie von Portraits beispielsweise muss ganz genau vorskizziert werden bis der gewünschte Charakterzug sichtbar wird.

3. Zeichnung mit Tusche

Jetzt wird es ernst. Die Tusche kommt aufs Papier – aufgetragen mit vorsichtiger Hand und feinsten Tuschestiften der Marke Pilot. Deren Metallspitze ist nur 0,25 mm breit, ein echtes Chirurgenwerkzeug. Ab jetzt muss nämlich jeder Strich sitzen. Ein Zurück ist nicht möglich. Jedes Verzeichnen kann nur noch mit Tusche überzeichnet werden. TippEx, Tintenkiller & Co. sind keine Option. Sobald die Tuschezeichnung fertig ist, muss das Bild über Nacht trocknen.

4. Koloration mit Buntstift

Die Tusche ist trocken. Nun kann die Bleistift-Vorzeichnung wegradiert werden. Sie macht den Weg frei für die Farbe. Dabei greife ich nach Herzenslust in die Buntstift-Schubladen. Nach den Allzweck-Polychromos von Faber Castell, nach kreidigen Prismacolor-Stiften, den ultraharten Procolour-Pencils von Derwent oder nach den feinen Zeichenstiften von Stabilo. Erfahrungsgemäß hat jede Marke ihre Vorzüge – und ihre besonders starken Farbspektren. Generell versuche ich den Buntstift so fein wie möglich aufzutragen. In mehreren Schichten. Striche sollen nur dann sichtbar werden, wenn sie ein Stilmittel sind.

5. Reinzeichnung

Nach dem Färbeln folgt eine letzte Lage Tusche. Details werden jetzt noch einmal schwarz betont und herausgearbeitet. Figuren erhalten ihre Konturen und einen zumeist mit Bleistift angedeuteten Schatten. Zu guter Letzt signiere ich jede Zeichnung – für manche überraschend – auf der Blattrückseite. So stehen das Motiv und meine Signatur nicht in Konkurrenz zueinander. Idealerweise verraten Bildidee und Zeichenstil auch so die Handschrift ihres Urhebers.

6. Passepartout und Rahmen

Jede finalisierte Zeichnung wird in einem Passepartout fixiert. Auf diesem Passepartout steht auch der Titel, der für alle meine Zeichnungen große Bedeutung hat. Dann wird das Bild gerahmt. In aller Regel verwende ich einheitliche schmale schwarze Holzrahmen im Format 30 x 40 cm. In Ausnahmefällen und auf Wunsch kommen auch andere Rahmenformate und -farben zum Einsatz.

Zeichenmittel in der Reihenfolge ihrer Verwendung

Wie lange dauert das alles?

Eine allgemeingültige Antwort gibt es da natürlich nicht. Je nach Motiv und Umsetzung fließt unterschiedlich viel Zeit in Ideen-Entwicklung und Zeichnung. Eine Weißwurst auf zwei Beinen ist schneller zu Papier gebracht, als ein vollbehaarter Gorilla. Eine Tierzeichnung ist weniger aufwändig als ein menschliches Portrait. Die meisten Ideen sind jedoch innerhalb von 8 – 12 Zeichenstunden und ca. zwei Tagen „im Kasten“.


Julian Opitz
14. August 2022


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